Laut einer Studie von Deloitte befindet sich die Baubranche in Europa seit dem Jahr 2014 in einer Erholungsphase. Die Investments im Euroraum stiegen im Jahr 2016 um 3 % im Vergleich zum Vorjahr. In diesem Jahr soll die Branche um 2,3 % wachsen.
1. Öffentliche Investitionen
2. European Powers of Construction Report
3. Steigende Internationalisierung
4. Grenzübergreifende Zusammenarbeit in Europa
“Die Baubranche hat sich im Gesamtblick auf hohem Niveau stabilisiert. Vor allem die gute Marktentwicklung in Frankreich, Schweden und Österreich konnte negative Performances wie die Großbritanniens ausgleichen.“ - Alexander Hohendanner, Partner bei Deloitte Österreich
1. Öffentliche Investitionen
Die größten Steigerungsraten der Bauinvestitionen haben Irland und Schweden mit bis zu 10 % erreicht. Auch die steigenden Investitionen in Frankreich und Österreich tragen zu einer positiven Entwicklung der Bauindustrie in Europa bei.
In Irland wird der während der Wirtschaftskrise entstandene Modernisierungsstau aufgearbeitet. Die von 2016 bis 2021 ursprünglich für staatliche Investitionen geplante Summe von 27 Milliarden Euro wurde um weitere 5,1 Milliarden aufgestockt. Dies ist immer noch weniger als vor dem Einbruch durch die Finanzkrise - 2008 hatte der irische Staat 10 Milliarden Euro investiert. In Schweden stützt ein Konjunkturpaket den Wohnungsbau: Bis zum Jahr 2030 sollen 295.000 neue Wohnungen gebaut werden. Eine Investition in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist ebenfalls geplant. Bis 2030 ergibt sich somit ein Investitionspotential von 95 Milliarden Euro.
Die Investitionen in Frankreich und Österreich konzentrieren sich ebenfalls sehr stark auf den Wohnungsmarkt. Die “Wohnungsoffensive” in Österreich soll bis 2020 mindestens 30.000 zusätzliche Wohnungen schaffen. In Frankreich hat sich der Verkauf von Wohnungen im Jahr 2016 um 18 % erhöht. Trotz der positiven Entwicklung gibt es bei der Investitionstätigkeit noch Luft nach oben. Die Gesamtinvestitionen in der Eurozone erreichen nach wie vor nicht das Niveau aus der Zeit vor der Finanzkrise.
2. European Powers of Construction Report
Unter Berücksichtigung von Kennzahlen wie z.B. Umsatz, Rentabilität und Verschuldung erstellt Deloitte jährlich den “European Powers of Construction Report” - ein Ranking über die erfolgreichsten Baukonzerne Europas.
Umsatz der Baukonzerne in Milliarden Euro
Frankreich ist mit drei Unternehmen in den Top 5 der Spitzenreiter des Rankings. Bei der Betrachtung der Top 50 fällt auf, dass Großbritannien mit 13 Unternehmen ebenfalls an der Spitze mitspielt.
3. Steigende Internationalisierung
Trotz rückläufiger Entwicklung der Investments in ihren Heimatländern sind Unternehmen aus Großbritannien und Spanien erfolgreich. Dies zeigt eine Tendenz zur steigenden Internationalisierung der Baubranche.
2015 wurden 52 % der Leistung der 20 größten EU-Bauunternehmen außerhalb der eigenen Landesgrenzen erbracht. Vor allem Unternehmen aus Südeuropa gleichen die instabile Situation ihrer Heimatmärkte auf diese Weise aus. Paradebeispiele für den Stellenwert der Internationalisierung der Baukonzerne in Europa sind das deutsche Unternehmen HOCHTIEF, das österreichische Unternehmen Strabag SE oder die schwedischen Konzerne NCC und Skanska. Diese Baukonzerne erbringen den Großteil ihrer Leistung außerhalb der Landesgrenzen. 84% der Leistung von Strabag wurde im Jahr 2016 außerhalb von Österreich erbracht.
4. Grenzübergreifende Zusammenarbeit in Europa
Bürokratische Belastungen stellen die Internationalisierung der Bauindustrie Europas vor Herausforderungen. In Europa gilt das sogenannte “Ziellandprinzip”. Demnach gelten für in Deutschland angestellte Arbeitnehmer aus dem Ausland die deutschen Arbeitsstandards und Rechte. Die Problematik: Recherchen über Arbeitsschutz, Mindestlöhne, Tarifverträge und gesetzliche Rahmenbedingungen sind nicht nur zeit- sondern auch kostenaufwändig. Zusätzlich müssen viele Details schon zum Zeitpunkt der Angebotserstellung berücksichtigt werden, um Strafzahlungen zu vermeiden.
Zum Abbau dieser Hürden hat die EU Komission im Januar 2017 die “europäische Dienstleistungskarte” vorgestellt. Ein Ansprechpartner mit Sitz im Heimatland des Bauunternehmens bestätigt die Einhaltung der notwendigen Arbeitsstandards. Der Nachweis über nicht eingehaltene Regeln soll vom Zielland durch verstärkte Kontrollen erbracht werden. Die bürokratischen Belastungen sollen sich durch diese Maßnahme reduzieren.
Die Beurteilung, ob die gesetzlichen Vorschriften wirklich eingehalten werden, ist für den Ansprechpartner im Herkunftsland des Bauunternehmens kaum möglich. Daher trifft die geplante Einführung der “europäischen Dienstleistungskarte” bei Gewerkschaften und Bauunternehmen auf heftige Kritik.
”Gerade in Bereichen, die für unsere Sicherheit derart wichtig sind wie dem Bau, dürfen wir unsere hohen Standards nicht für mehr Angebot und Wettbewerb riskieren" sagen die Vorsitzenden des Parlamentskreises Mittelstand Europe der CDU/CSU Gruppe Piper und Ferber.